22. Januar 2015

eBay und der PayPal-Spin-off - Bewertung der separaten Einheiten

eBay hat gestern vorläufige Zahlen für das Geschäftsjahr 2014, bzw. das vierte Quartal veröffentlicht. Diese lagen halbwegs im Rahmen der Erwartungen. Viel wichtiger ist allerdings, dass eBay einige Informationen bezüglich des PayPal-Spin-offs herausgegeben hat.


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Beachtlich ist vor allem die Anmerkung, dass die Finanzschulden bei eBay bleiben, was logischerweise bedeutet, dass PayPal direkt nach dem Spin-off erst mal völlig schuldenfrei sein wird – mit einer Netto-Cash-Ausstattung von ca. USD 5 Mrd. Der Rest war mehr oder weniger schon vorher bekannt. Daraus lässt sich bewertungstechnisch einiges ableiten.

Was könnte PayPal an der Börse in etwa wert sein?

Ich habe vier Szenarien konstruiert, und jeweils eine relativ simple Bewertung auf Basis des um Cash bereinigten KGVs durchgeführt. Eine kompliziertere Berwertungstechnik ist in einem Post in angemessener Länge (Kürze) nicht möglich, und bringt auch kaum einen Mehrwert. Das soll aber niemanden davon abhalten, seine eigenen Bewertungsmethoden zu benutzen. Folgende Annahmen habe ich getroffen:
  • die Cash-Position wird aufgeteilt, wie in der Präsentation
  • Gewinn von insgesamt USD 3,3 Mrd., der verhältnismäßig aufgeteilt wird wie der FCF in der Präsentation (diese USD 3,3 Mrd. sind für 2014 realistisch, wenn man die negativen Steuereffekte in diesem Jahr nicht beachtet)
  • keine Beachtung von One-off-Kosten, die im Zuge des Spin-offs auftauchen werden
  • Marktkapitalisierung von eBay Inc. (so wie sich eBay jetzt darstellt – noch inklusive PayPal) von USD 66 Mrd., was einem Aktienkurs von USD 54 entspricht (dem momentanen Kurs)

Ergebnis:

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Für jedes Szenario zeigt die erste Zeile die Marktkapitalisierung von PayPal, wenn man für dieses ein KGV von x annimmt – im ersten Fall also ein KGV von 20: das gibt eine Marktkapitalisierung für PayPal von USD 21 Mrd. Wenn man den Residualwert von 66-21 = USD 45 Mrd. bildet, bleibt der Betrag, mit dem eBay New (ohne PayPal) momentan bewertet wird übrig. Das um die Cash-Position bereinigte KGV zeigt, wie hoch das reine Grundgeschäft (eben ohne Cash) in diesem Fall bewertet würde. Ein KGV von 15 im ersten Szenario scheint für PayPal viel zu niedrig, da dieses mit knapp 20% p.a. wächst – und zwar profitabel. eBay New würde in diesem Fall als langsamer (aber mit immer noch knapp zweistelligen Wachstumsraten) wachsendes Unternehmen mit einem KGV von 19 zu hoch bewertet sein. Szenario 1 ist somit jener Fall, in dem PayPal relativ konservativ bewertet wird.

In Szenario 4 wird das Grundgeschäft von PayPal mit einem KGV von 30 bewertet. Angesichts des Wachstums und der Tatsache, dass PayPal ein Übernahmekandidat werden könnte, durchaus nicht unrealistisch. eBay New würde mit einem adjustierten KGV von nur 12 für viele Value-Investoren interessant werden.

Die Szenarien 2 und 3 sind irgendwo in der Mitte angesiedelt. Wenn man sich die verschiedenen Meinungen über die Bewertung von PayPal durchsieht, sind diese 4 Szenarien nicht unrealistisch: die PayPal-Pessimisten sehen Fall 1 (hauptsächlich wegen Apple Pay), die PayPal-Optimisten Fall 4, dazwischen gibt es alles. Ich persönlich sehe Fall 3 als relativ wahrscheinlichste Variante. 

Take away

Was auch immer die Investmentbanker machen: wenn beim Zeitpunkt des Spin-offs der Kurs von eBay Inc. noch immer bei 54, und die Marktkapitalisierung damit bei USD 66 Mrd. liegen wird, wird entweder eines dieser beiden neuen Unternehmen viel, oder beide ein bisschen zu billig sein.

Die Wahrscheinlichkeit, dass der Kurs bis zum Spin-off steigt, schätze ich deswegen relativ hoch ein. Vor allem, wenn der Spin-off stärker in das Bewusstsein der großen Anleger dringen wird. Und falls der Kurs bis dahin doch nicht steigt, kann man geduldig warten, weil beide (Noch-) Segmente, eBay und PayPal, für sich genommen sehr gute Unternehmen sind. Um nochmal ein Zitat aus dem letzten Post zu bemühen:
„Time is the friend of the wonderful business, the enemy of the mediocre.“ Warren Buffett
PS: In der Präsentation finden sich Hinweise, dass auch das Enterprise Segment (in eBay New erwartet) aufgrund mangelnder Synergie-Effekte abgespalten oder verkauft werden könnte. Auch das könnte für sich genommen ein interessantes Unternehmen sein. 

20. Januar 2015

ROIC - Return on Invested Capital

“It’s far better to buy a wonderful company at a fair price than a fair company at a wonderful price.” Warren Buffett
Ich versuche nun schon eine ganze Weile, mein Geld selbst in Aktien zu investieren, ohne mich allzusehr um Analysten- und Marktmeinungen zu kümmern. Ausgangspunkt war der Lehman-Crash. Nach der Lektüre klassischer Value-Investing-Quellen habe ich mich direkt nach dem Crash hauptsächlich auf niedrige Multiples wie KGV und KBV konzentriert. Das hat auch wunderbar funktioniert. Die Jahre 2009 und 2010 habe ich mit deutlich über 50% p.a. abgeschlossen. Allerdings hatte ich immer dieses komische Gefühl im Bauch, dass da mehr Glück als Verstand im Spiel war. Und tatsächlich, danach ging es etwas zäher, mein Bauch hatte recht. Ich hatte schlicht und einfach den großen Vorteil, dass direkt nach dem Crash alles billig war, und ich eigentlich nicht viele Fehler machen konnte. Doch niedrige KGVs und KBVs liessen mich vor allem „fair companies at wonderful prices“ (und ab und zu auch unfaire) kaufen. Es fanden sich kaum „wonderful companies“ im Depot, und die die da waren, hatte ich eher zufällig gekauft (heute sind aus meinem ursprünglichen Portfolio nur noch die BASF und die Voestalpine übrig).

2011 habe ich dann begonnen, mich auf „wonderful companies“ zu konzentrieren, oder zumindest damit, den Unternehmen mit wirklich schrecklichen Wettbewerbspositionen aus dem Weg zu gehen, auch wenn sie noch so billig aussehen. Eine Frage, die ich immer wieder zu beantworten versuche ist: Was ist eine „wonderful company“?
„Time is the friend of the wonderful business, the enemy of the mediocre.“ Warren Buffett
Dieses Zitat ist ein hervorragender Ausgangspunkt, um die Frage aus finanztechnischer Sicht (nicht dass das genügen würde) zu beantworten - mit Hilfe des ROIC. Ein kurzes (leicht modifiziertes) Beispiel aus dem Buch Valuation: Measuring and Managing the Value of Companies (Koller, Goedhart, Wessels, 2010 – Kapitel 2 – ein sehr lehrreiches Buch, übrigens) zur Veranschaulichung:

Value Inc. und Volume Inc. sind zwei hypothetische Unternehmen mit einem Gewinn von 100 und einer Wachstumsrate von 5% p.a – der Einfachheit halber beide mit konstanten Netto-Margen von 10%, ohne Schulden und Außerachtlassung von Steuern. Der Unterschied: Value Inc. generiert einen ROIC von 20%, Volume Inc. einen ROIC von 10%. In diesem Fall bedeutet das nichts anderes, als dass Value Inc. weniger Kapital einsetzen muss, um das Geschäft zu betreiben. Die Autoren berechnen für Value Inc. einen um 50% höheren fairen Wert als für Volume Inc. Der Grund ist einfach: Wenn wir annehmen, dass der komplette, nicht für das Geschäft benötigte, Free Cash Flow (vergleiche Owner Earnings) als Dividende ausbezahlt wird, hat Value Inc. bei gleichem KGV eine höhere Dividendenrendite oder bei gleicher Dividendenrendite ein höheres KGV. Volume Inc. muss, um ein Wachstum von 5% zu erreichen, einen größeren Teil seines Gewinnes reinvestieren, während Value Inc. eine höhere Dividende zahlen kann.

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Das ist natürlich nur ein theoretisches Beispiel, aber generell sind gute Unternehmen mit starken Wettbewerbspositionen jene mit hohen ROICs. Besonders für langfristige Investoren ist der ROIC in meinen Augen eine der wichtigsten Kennzahlen überhaupt. Eine wichtige Frage ist immer, ob jene Wettbewerbsvorteile, die die hohen ROICs der Vergangenheit erlaubten, in die Zukunft übertragbar sind (dauerhafter Wettbewerbsvorteil), oder ob die Konkurrenz den ROIC nach unten treibt (nur temporärer Wettbewerbsvorteil und potenzielle Value Trap für den langfristigen Investor).
“Our favorite holding period is forever.“ Warren Buffett
Es gibt unterschiedliche Methoden den ROIC (oder ROC oder ROCE oder sonstwie) zu berechnen: mit oder ohne Goodwill und anderen immateriellen Vermögenswerten, vor oder nach Steuer, vor oder nach Einmal-/Sondereffekten etc. Prinzipiell spielt das keine wirkliche Rolle. Für die Vergleichbarkeit von Unternehmen ist nur wichtig, dass man konsistent bleibt. Ich persönlich berechne den ROIC ähnlich wie Joel Greenblatt: 

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One-offs berücksichtige ich nur, wenn es wirklich einen starken Grund zur Annahme gibt, dass diese in Zukunft wegfallen. Cash inkludiere ich im Working Capital prinzipiell nur, soweit betrieblich notwendig (1% bis 10% des Umsatzes), den Rest nehme ich als „Excess-Cash“ raus.  Immaterielle Werte berücksichtige ich prinzipiell nur, wenn diese für das Geschäft von entscheidender Bedeutung sind – Goodwill beispielsweise berücksichtige ich prinzipiell nicht, dafür behandle ich Goodwill-Abschreiber als one-offs. Ich will ja schließlich die operative Stärke des Grundgeschäfts messen, und nicht die Übernahmekünste des Managements (diese sollte man jedoch separat beurteilen – besonders wenn Goodwillabschreiber öfters mal vorkommen). Ich exkludiere auch sogenannte „At Equity“ und andere Beteiligungen und schaue mir diese separat an (im einfachsten Fall spielt das nicht wirklich eine Rolle). Wie gesagt, es geht mir rein um das operative Grund-/Kerngeschäft, das unter der Kontrolle des Managements steht.

Wenn man sich den durchschnittlichen ROIC über einen Konjunkturzyklus ansieht würde ich für die Interpretation der Qualität des Geschäftsmodells in etwa folgendes anführen:
  • bis 10%: normal, keine Wettbewerbsvorteile
  • 10-15%: sehr gut gemanagt ohne Wettbewerbsvorteil oder schlecht gemanagt mit Wettbewerbsvorteil
  • ab 15%: das Unternehmen profitiert wahrscheinlich von irgendeiner Art Wettbewerbsvorteil

Das ist natürlich nur Daumen mal Pi. Außerdem gibt es Geschäftsmodelle mit negativem Invested Capital, wodurch auch der ROIC negativ und schwer interpretierbar wird. Auch für Banken ist der ROIC praktisch ohne wirkliche Aussagekraft. Aber bei „normalen“ Unternehmen kommt man damit ganz gut durch.

Wichtig: Der ROIC ist unabhängig von der Finanzierung, d.h. das Management kann den ROIC nur schwer gut aussehen lassen indem es das Risiko erhöht, wie das beim ROE (Return on Equity) durch Erhöhung des Leverage möglich ist (nur Leasing kann etwas gefährlich sein). D.h., wenn man die ROICs von verschiedenen Unternehmen betrachtet, hat man einen ziemlich guten direkten Vergleich der operativen Effizienz dieser Unternehmen.
"Over the long term, it's hard for a stock to earn a much better return that the business which underlies it earns. If the business earns 6% on capital over 40 years and you hold it for that 40 years, you're not going to make much different than a 6% return - even if you originally buy it at a huge discount. Conversely, if a business earns 18% on capital over 20 or 30 years, even if you pay an expensive looking price, you'll end up with one hell of a result." Charlie Munger
Ich hoffe, dass das das Auftauchen des ROIC in einigen der letzten Posts auf diesem Blog erklärt und werde ihn in Zukunft wahrscheinlich häufiger erwähnen. Ich werde weiter qualitativ gute Unternehmen suchen, bei angemessenem Preis kaufen, und bereit sein lange zu warten – und nur verkaufen, wenn es wirklich einen guten Grund gibt. Langes Warten erfordert hohe ROICs.

Ich möchte niemanden davon überzeugen diese Strategie zu kopieren, es gibt auch andere Wege, über die Jahre eine ordentliche Rendite zu erzielen (unter anderem auch dadurch, sich auf niedrige KGVs und KBVs zu konzentrieren). Warum gehe in Zukunft verstärkt diesen langweiligen und unspektakulären Weg? Erstens weil das, glaube ich, mehr meinem Naturell entspricht als ständig zu traden und zweitens, weil ich lieber Aktien von guten Unternehmen besitze, als von durchschnittlichen. Ein letztes Zitat:
„When forced to choose, I will not trade even a night’s sleep for the chance of extra profits.“ Warren Buffett