22. März 2014

Tesco und die Diskonter

Die Tesco Aktie drückt ziemlich auf die Performance des Wikifolios. Wie ich in meiner ersten Analyse als auch im letztjährigen Update erwähnte, ist ein Grund dafür das schwache Abschneiden des Supermarkt-Konzerns im Heimatmarkt Großbritannien, der in etwa 2/3 des Konzernumsatzes ausmacht. Inzwischen sehe ich ein, dass das der Hauptgrund für die Kursentwicklung ist.  Was passiert in Großbritannien?

Die Diskonter kommen

Die Konkurrenz zwischen Supermarktketten gehört überhaupt zum Kompetitivsten, was sich vorstellen lässt. Das zeigt sich auch in den langen Listen der Supermärkte, die irgendwann aufgeben mussten oder schlicht und einfach übernommen wurden. Die Liste für Großbritannien findet sich auf Wikipedia. Die Konsumenten entscheiden mit den Füßen und diese gehen im Normalfall dorthin wo es am billigsten ist. Seit Jahren wird der Markt in Großbritannien zwischen den vier großen (Tesco, Asda/Walmart, Sainsbury, Morrisons) aufgeteilt. Innerhalb dieser Gruppe waren und sind Asda und Tesco die billigsten. Aufgrund ihrer Größenvorteile können diese beiden dennoch die höchsten Margen erzielen.
  
Marktanteile UK

Mit Vorsicht genießen: verschiedene Quellen, zum Teil unterschiedliche Zeitpunkte im Jahr,
aber um ein Gefühl zu bekommen, was  passiert, sollte die Grafik aussagekräftig genug sein


Außerhalb dieser Gruppe gibt es aber durchaus billigere Anbieter, die seit einiger Zeit Marktanteile von den großen abziehen. Die beiden brutalsten Diskonter sind die auch hierzulande bekannten Aldi (in Österreich Hofer, empfehlenswerter Artikel Handelsblatt) und Lidl. Diese bieten zwar weniger Service, gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist der Konsument aber um jeden Cent den er weniger bezahlen muss froh - und die Füße entscheiden in die entsprechende Richtung. Wie die Geschäftsführung von Morrisons in der Präsentation zu den Zahlen für das Ende Januar zu Ende gegangene Geschäftsjahr darlegt, ist das aber noch nicht alles.

Die Qualität der von den Diskontern verkauften Produkte wird inzwischen als ähnlich gut angesehen, wie die, die man im normalen Supermarkt bekommt. Dieses Phänomen kennt man auch bei uns. Und als jemand der selber nicht gerne mehr bezahlt als unbedingt notwendig, kann ich diese Erfahrung aus meinen eigenen Einkäufen bei Hofer eigentlich nur teilen – warum sollte das in Großbritannien anders sein als bei uns?

Quelle: Morrisons IR – Präsentation zu vorl. Ergebnissen 2013/14

Die großen vier sind also dazu gezwungen, auf das niedrigere Preisangebot der Diskonter einzugehen, was nichts anderes bedeutet, als einen Preiskrieg – natürlich mit Auswirkungen auf die Margen, die verdient werden können. Die Alternative wäre, die Preise hochzuhalten, dafür aber Umsatz zu verlieren. Ersteres erscheint mir realistischer, und ist auch teilweise bereits eingetreten (Stichwort Milch).

Nun würde man meinen, die großen können aufgrund ihrer Größe/Marktmacht/sonstiges die Eindringlinge in einem Preiskampf zurückweisen. Verlassen würde ich mich darauf allerdings nicht. Das hat auch in Deutschland (und wo Aldi und Lidl sonst noch aktiv sind) nicht funktioniert. Wie diesem Bericht zu entnehmen, erzielt Aldi UK eine operative Marge von 4,4%, was nicht all zu weit unter jener von Tesco liegt (ca. 5%).

Fazit: die Diskonter sind da. Und sie werden bleiben.

Tesco als Investment

Für die unmittelbare Zukunft sieht es also eher schlecht aus, nicht nur für Tesco, sondern auch für die anderen drei Großen in Großbritannien. Und schlimmer kann es immer werden. Dennoch bin ich der Meinung, dass eigentlich schon viel Ungutes in die Tesco-Aktie eingepreist ist.

Selbst unter Annahme einer in den nächsten Jahren auf 3,5% sinkenden operativen Marge, einem durchschnittlich um 3,3% wachsenden Umsatz (UK Online und ein internationales Geschäft gibt es ja auch noch) und einer Diskontrate von 10% spuckt ein DCF-Modell einen Wert von locker über 3,5 Pfund pro Aktie aus – und ich halte diese Annahmen für eher pessimistisch. Man kann natürlich noch düsterere Szenarien an die Wand malen, aber es ist (zumindest für mich) schwer vorstellbar, dass ein Szenario eintreten wird, das den momentanen Kurs rechtfertigt.

Die Zukunft wird zeigen, ob ich mich mit der Tesco-Aktie vertan habe. Kurzfristig sehe ich das als wahrscheinlich an. Langfristig nicht.

2 Kommentare:

  1. Ich lese gerne Deinen Blog. Ich habe bei e-yield.co.uk gelesen, dass die Performance der Supermärkte vor allem an der enormen Verschuldung pro Haushalt in den UK liegt, die gemessen am BIP eine der Größten überhaupt ist. Ansonsten finde ich die Idee nicht schlecht, dass man sich auch bei Value Aktien durchaus mal einen Chart anschaut und bei unterschreiten eines Fair Value Wertes oder zB die 200 GD Linie verkauft, und nur wieder kauft, wenn Nachfrage von Käufern sichtbar ist. Buffet macht das auch in Form von CBOE Optionen, nur liest man wenig darüber, da es etwas an dem Mythos kratzt, dass man nur die unterbewerteten Einzelaktien finden und halten muss, um Gentleman-mässig sehr reich zu werden.Viel Glück und Danke !

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  2. Hallo Michael,

    erst einmal Danke für den Kommentar. Was den Chart betrifft: naja, meine Erfahrung zeigt mir, dass ich darin nicht sehr gut bin. Ich sehe mir verschiedene Indikatoren zwar hin und wieder an, aber wirklich eine Entscheidungsgrundlage sind diese für mich nicht.

    Was Tesco betrifft: ich habe mir durchaus schon überlegt, zumindest einen Teil zu verkaufen. Ich möchte allerdings noch die Ergebnisse für das Gesamtjahr abwarten, vor allem was der Geschäftsführer zur beschriebenen Entwicklung sagt. Sollte er nur davon sprechen, wie toll doch eh alles läuft, wird es auf jeden Fall Zeit die Reißleine zu ziehen.

    Beste Grüße
    Tom

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