15. Februar 2014

ThyssenKrupp – Das Amerikadesaster verdeckt die Stärke einiger durchaus interessanter Segmente

Wie schon in meinem Beitrag zur Voestalpine beschrieben, ist es sehr schwierig im normalen Stahlgeschäft über längere Zeiträume profitabel zu sein. Wirklich funktionieren tut das eigentlich nur, wenn die Konjunktur rund läuft. Die Voestalpine erzielt eine hohe Rentabilität, weil sie sich zu einem (Stahl-) Technologieunternehmen gewandelt hat.

Einem großen deutschen Konzern geht die Rentabilität seit einigen Jahren ab: ThyssenKrupp.

Kennzahlen pro Aktie (GJ September)


Nach Betrachtung dieser Zahlen, muss man sich schon sehr genau überlegen, ob man in dieses Unternehmen investieren will, zumal der Buchwert pro Aktie ins Negative fällt, wenn man auf der Aktivseite (und entsprechend im Eigenkapital) den Goodwill eliminiert. Ein genauerer Blick in die Segmentberichterstattung hält allerdings einige Überraschungen bereit.

Aufgrund der Übersichtlichkeit habe ich in folgender Grafik die fortgeführten Geschäftstätigkeiten zum von mir so benannten ‚Core Business‘ zusammengefasst, der Rest sind die Aktivitäten, die verkauft (‚Steel Americas‘) bzw. beendet wurden (discontinued). Die Position ‚One-offs‘ beinhaltet Posten, die theoretisch nicht wiederkehrend sein sollten, in erster Linie sind dies Abschreibungen auf die ‚Steel Americas‘ Assets.

EBIT Zusammensetzung


Die Verluste seit 2009 sind also im Wesentlichen auf das verunglückte Abenteuer in der neuen Welt zurückzuführen, während sich das fortgeführte Geschäft zwar zäh, aber immerhin profitabel durch die Krise schleppt. Ergo: ist Steel Americas verkauft, bleibt ein profitabler Konzern über. Grund genug, sich diese Segmente genauer anzuschauen.

Zusammensetzung um Sondereffekte bereinigtes EBIT Core Business aus obiger Grafik

Die Segmente ‚Components Technology‘ und ‚Industrial Solutions‘ bildeten bis 2009 ein gemeinsames Segment, bevor dieses in die heutigen zwei Teile aufgespalten wurde.

Bis auf das für die Industrie horrende Jahr 2009 haben wir es hier also mit einem sehr stabilen Kerngeschäft zu tun. Im Geschäftsbericht ist zur Beschreibung der Segmente folgendes zu finden:
  • Components Technology: bietet leistungsfähige und innovative Komponenten für die Automobilindustrie, Baumaschinen, Maschinenbau und Windkraftanlagen an. Sehr stabil, bis auf 2009 profitabel. 
  • Elevator Technology: betreibt den Neubau, die Modernisierung sowie den Service von Aufzügen, Fahrtreppen, Fahrsteigen, Treppen- und Plattformliften sowie Fluggastbrücken. Das Leistungsspektrum umfasst die gesamte Produktpalette von Anlagen für den Volumenmarkt bis zu kundenindividuellen Lösungen nach Maß. Was 2007 passiert ist, könnte man wohl noch rausfinden, 2009 profitabel. Vergleiche z.B. schweizerische Schindler Holding AG.
  • Industrial Solutions: ist ein international führender Anbieter im Spezial- und Großanlagenbau sowie im Marineschiffbau. Bis auf 2009 profitabel.
  • Materials Services: betreibt den weltweiten Handel von Werk- und Rohstoffen sowie technische und infrastrukturelle Dienstleistungen für produzierende und verarbeitende Unternehmen. Bis auf 2009 profitabel.
  • Steel Europe: Aktivitäten für hochwertige Qualitätsflachstahlprodukte, die von intelligenten Werkstofflösungen bis zum fertigen Bauteil reichen. Das eigentliche Stahlgeschäft, bis auf 2009 profitabel, wenn auch meist mit sehr geringer Marge. Sehr volatil.
  • Steel Americas: ähnlich Steel Europe, aber mit durchgehenden Verlusten. Soll verkauft werden.
  • Corporate: Konzernverwaltung (Finanzen, Personal, IT etc.)

Mir scheint dass der Kurs eine gewisse Erholung schon eingepreist hat, und deswegen an einen Einstieg im Moment nicht zu denken ist. Vor allem weil die Bilanz aufgrund der sehr verlustbringenden Investitionen in Amerika schwach aussieht und die Eigenkapitalquote mit knapp 9% und einem damit einhergehenden Buchwert von EUR 5 pro Aktie sehr niedrig sind. Das beschränkt die Möglichkeit Dividenden auszuschütten vorerst recht stark. Neben der hohen Finanzverschuldung, steht auf der Passivseite der Bilanz auch noch ein recht großer Teil an Pensionsverbindlichkeiten (Link Value & Opportunity, sehr empfehlenswerter Blog).

Vorläufig bleibt hier nur, dies im Hinterkopf zu behalten. Vielleicht kommen die verantwortlichen Manager im Zuge einer wie auch immer gearteten Kapitalbeschaffungsaktion ja darauf einen Teil zu verkaufen. Interessante Assets gibt es im Unternehmen offensichtlich genug. Die Aktie von ThyssenKrupp scheint mir auf jeden Fall zu risikobehaftet um einzusteigen. Ich bleibe lieber bei der Voestalpine.

3 Kommentare:

  1. 2007 wurden Kartellstrafen in Höhe von 480 Mio Euro gegen Thyssen verhängt. Es handelte sich dabei um das Aufzugs- und Fahrtreppenkartell welches 10 Jahre lang den europäischen Markt dominierte und 2007 bestraft wurde. Ich weiß nicht ob die Strafe ins EBIT geht oder eher außerordentlich bilanziert wird, aber es würde ziemlich gut passen. Ansonsten schöner Beitrag.

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    1. Danke für die Info. Ohne diesen Einmaleffekt wäre diese Sparte also durchgängig profitabel gewesen. Ich bin mir fast sicher, dass diese Strafe ins EBIT einfließt, ohne das jetzt allerdings überprüft zu haben.

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  2. Sehr informativer Beitrag und das man aus einem defizitären, stark diversifizierten Konzern eine Cash Cow machen kann, konnte man an General Dynamics sehen...

    Viele Grüße!

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