19. November 2012

Die Telekom Austria und eine kleine Rechenaufgabe


Jeder Österreicher kennt die Telekom Austria, und interessierten Investoren muss ich sie wohl ebenfalls nicht vorstellen. Auf das Geschäftsmodell möchte ich hier auch nicht eingehen, da das bekannt sein dürfte. Was eigentlich interessant ist, ist die Tatsache dass der Kurs seit einiger Zeit in einem starken Abwärtstrend ist. Ein Bild sagt mehr als tausend Worte:
 

Heute, am 19. November 2012 schloss die Aktie bei etwas unter 5 EUR. Die Gründe für den Kursverfall sind vielfältig, unter anderem hat der früher als sicher geltende Dividendenzahler die Dividende für die nächsten beiden Jahre auf 5 Cent gekürzt, was für jemanden, der die Aktie schon länger hält fast einem Aussetzen der Dividende gleichkommt.

Ich komme nun aber zum eigentlichen Punkt: Direktes Zitat von der Homepage, unter Strategie:

„Wertschaffendes Wachstum
... Akquisitionen werden ausschließlich dann getätigt, wenn damit Wert für unsere Aktionäre geschaffen wird, Synergien mit bestehenden Aktivitäten verbunden sind oder die strategische Aufstellung im genannten Zielmarkt verbessert wird. Zudem sind klar definierte finanzielle Kriterien und die Auswirkungen auf die Entwicklung des Unternehmenswerts zu beachten. Im Rahmen der aktuellen Mittelverwendungsstrategie werden Akquisitionen mit dem aus einem Rückkauf von eigenen Aktien erzielbarem Cashflow pro Aktie verglichen.“

In meinen Augen ist das eine relativ klare Aussage, auch wenn die Auswirkungen einer Akquisition auf den Cashflow pro Aktie natürlich etwas schwierig zu schätzen sind. Die Auswirkungen eines Aktienrückkaufs dagegen sind etwas leichter abzuschätzen. Wir werden gleich sehen, dass sich das Management bei einem Kurs von unter 5 EUR sehr schwer tun wird eine Akquisition zu rechtfertigen, wenn es zu der auf der Homepage veröffentlichten Strategie „Wertschaffendes Wachstum“ stehen will.

Schauen  wir also auf den Free Cashflow (FCF) pro Aktie. Laut der Präsentation „HSBC Roadshow – Results for the 4th quarter and full year 2011” 
(http://www.telekomaustria.com/ir/publikationen.php) betrug der FCF für die Jahre 2011  und 2010  EUR 479 Mio., bzw. EUR 645 Mio. Bei 440 Mio. ausstehenden Aktien macht das 1,08 bzw. 1,46 EUR pro Aktie. Soweit ich weiß steht das Management nach wie vor zu dem Ziel beim FCF im heurigen Jahr auf 700 bis 750 Mio. EUR zu kommen. Das scheint, ausgehend von den Ergebnissen in den letzten Jahren und den Ergebnissen in den ersten 9 Monaten dieses Jahres durchaus realistisch. Gehen wir also für den Moment von 750 Mio. FCF aus, das wären EUR 1,70 pro Aktie. In diesem Jahr hat die Telekom Austria für ca. EUR 390 Mio. die Billigmarke Yesss! von Orange übernommen. Gehen wir von einem identen Deal aus der ebenfalls 390 Mio. kostet, und vergleichen diesen mit der Möglichkeit, das Geld in einen Aktienrückkauf zu stecken.

Da wir annehmen, dass die Ankündigung eines Rückkaufs den Kurs steigen lässt, rechnen wir für den Akteinrückkauf mit einem Durchschnittskurs von 6 EUR. Das Management könnte also in etwa 65 Mio. eigene Aktien kaufen. Die Aktienanzahl könnte ungefähr auf 370 Mio. gesenkt werden. Der FCF pro Aktie würde sich damit auf ca. EUR 2,00 steigern (750 Mio. EUR dividiert durch die nun verringerte Aktienanzahl von 370 Mio.). Eine nicht ganz so wundersame Vermehrung von 17% im FCF pro Aktie, die sich mit einem Aktienkurs von 6 EUR machen lassen würde.


Laut diesem Interview (von gestern, 18,11.) ist der Geschäftsführer an weiteren Übernahmen interessiert. Ich würde gerne die Kalkulation sehen, die das rechtfertigt, wie eine Übernahme den FCF pro Aktie um 17% steigern soll.

Wie schon erwähnt, nehmen wir an, dass der Deal ein identer wie der Yesss! Deal ist: 390 Mio. Euro für eine Übernahme. Um den FCF pro Aktie auf 2 Euro zu steigern, bei einer unveränderten Aktienanzahl von 440 Mio., müsste der FCF um beinahe 150 Mio. EUR auf etwas weniger als 900 Mio. gesteigert werden. FCF im Ausmaß von 150 Mio. zu einem Preis von 390 Mio. zu kaufen halte ich für recht unwahrscheinlich. Und da ich stark bezweifle dass das möglich ist, halte ich einen Aktienrückkauf für die bessere Entscheidung.

Also: Entweder hat das Management Team der Telekom Austria einen extrem guten Deal an der Angel, oder aber (viel wahrscheinlicher), die Beschreibung der Unternehmensstrategie auf der Homepage sollte überarbeitet werden. Oder aber, und das wäre das beste aus Aktionärssicht: Die Telekom Austria benutzt überschüssiges Geld für Aktienrückkäufe.

PS: Mir ist bewusst dass die Zahlen und Rechnungen relativ ungenau sind. Der Punkt ist, dass es bei einem Kurs von unter 5 einfach nicht auf die letzte (und eigentlich auch nicht auf die erste) Kommastelle ankommt.

PPS: Bei unter 5 habe ich eine kleine Position aufgebaut, weil in meinen Augen sehr billig. Wer das nachmachen will: Handeln auf eigene Gefahr, keine Empfehlung meinerseits.